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Premiere: drei Tage Streichorchester mit allen Generationen

Frage: „Wie schaffen Sie es, ein Orchester mit Streicher*innen jeglichen Alters und verschiedener Niveaus zusammenzukriegen? Das ist sicherlich eine große Herausforderung?“

Philip Douvier: „Das ist mein musikalisches Lieblingsspiel in den letzten Jahren geworden. Ich leite das Drei-Generationenorchester - das Dahlemer Kammerorchester – mit Amateurmusiker*innen von sieben bis 83 Jahren. Es macht mir unglaublich Spaß Musik jenseits von Probespielen, Einteilungs- und Aussortierprozessen zu machen. Mir schwebt sozusagen die große Hausmusik mit der ganzen Familie vor. Wenn alle ihre Ängste, nicht weit oder gut genug auf dem Instrument zu sein, bei Seite schieben, kommen teilweise unglaublich schöne musikalische Ergebnisse zu Stande. Das gemeinsame Grundgefühl der Menschen ist ein ganz anderes, auch wenn der ein oder andere Ton dann falsch gespielt wird. Die Leute freuen sich darüber, dass es so einen druckfreien Raum gibt, in dem sie Musik machen können. Es ist familiärer und entspannter als bei vielen anderen Amateurorchestern, bei denen ausgesiebt wird. Das führt zu Angespanntheit und Kühle wie bei Profis – das habe ich oft genug erlebt. Ich setze neue Akzente und auf eine „Schwarmintelligenz“. Insofern ist es eine Herausforderung und es bleibt immer spannend, ob ich alle mitnehmen kann.“

Frage: „Was bringt Amateurmusiker*innen die gemeinsame Erfahrung im Drei-Tages –Streichorchester, das Mitte November bei uns proben und spielen wird?“

Philip Douvier: „Zum einen werden sie sich vier große Repertoirestücke erobern. Die sind durchaus anspruchsvoll und wer sich drauf einlässt und vorher übt, dem gelingt sicherlich ein technischer Sprung. Zum anderen gewinnen die Musiker*innen mehr Aufmerksamkeit und Wachsamkeit. Wenn ein Ensemble auf die Schnelle zusammengesetzt wird, herrscht keinerlei Routine, man kennt sich nicht und muss schnell Lösungen finden, damit das Zusammenspiel klappt. Das tut gut, weil alle Antennen wieder angespitzt und alle Wahrnehmungskanäle gegenüber den anderen Spieler*innen durchgeputzt werden. Dagegen herrscht bei festen Ensembles öfter ein Problem vor:  Man weiß sehr gut, wer die anderen sind und wie sie spielen. Dann gehen die Ohren zu und das Zusammenspiel wird schlechter als am Anfang.“

Frage: „Was mögen Sie selbst an dieser Arbeit mit solchen Orchestern und Workshops?“

Philip Douvier: „Das ist ein glücklicher Zustand, den ich als Musiker sehr genieße und den es sonst im Alltag nicht gibt: diese unglaubliche, momenthafte Wachsamkeit und die Körper- als auch Sinneswahrnehmung. Das hat fast etwas von Achtsamkeitsübung, von Yoga und ist ein Highlight, das ich eigentlich jedes Mal aufs Neue erleben kann. Es geht mir nicht darum, wieviel die Spieler*innen im Vorfeld geübt haben und wir werden ganz sicher nicht in drei Tagen die Berliner Philharmoniker ersetzen. Mein Grundkonzept ist es, das zu genießen, was wir auf die Reihe bekommen – wie schnell auch immer. Und wenn uns nur ein Teil des Programms gelingt, dann ist das ein tolles Erlebnis, das wir gerne in die Schatzkammer mitnehmen können.“

Frage: „Ist ein reines Streichorchester im Vergleich zu einem Sinfonieorchester anspruchsvoller?“

Philip Douvier: „Ja, das würde ich mal unterschreiben. Normalerweise hilft es Streichern, wenn Blechbläser mitspielen. Dann wird es manchmal so laut, dass man die einzelnen Töne der Streicher nicht mehr genau hört. Dieses Schutzblech fällt weg. Ich weiß, dass Streicher*innen das unglaublich genießen, unter sich zu sein: das schafft eine andere Art Aufmerksamkeit, einen direkteren Kontakt zwischen den Musiker*innen und ein anderes Zusammengehörigkeitsgefühl, weil die Gruppe meistens etwas kleiner ist. Die Leute schauen sich auch mehr auf die Finger, um voneinander zu lernen oder etwas zu vermitteln – auch das ist ein schöner Effekt eines solchen Streicher*innen-Workshops.“

Frage: „Was für ein Konzert werden wir hören?“

Philip Douvier: „Ich habe vier Stücken ausgesucht, die ich sehr gut kenne und liebe, seit ich zehn Jahre alt bin. Es gibt ein paar alpine Stellen, die wir überwinden müssen, und ich freue mich darauf, das Repertoire mit dem Orchester auszuprobieren. Es wird ein schönes Abschlusskonzert werden.“

Über Philip Douvier
Philipp Douvier wurde 1970 in Berlin geboren und begann mit sechs Jahren auf der Violine. Nach dem Wechsel zur Bratsche studierte er u.a. bei Joachim Greiner an der Hochschule der Künste Berlin und absolvierte den Studiengang Kammermusik mit Auszeichnung. Er war u.a. Solo-Bratschist der Norddeutschen Kammerphilharmonie und gewann zweimal den Berliner Wettbewerb für junge Komponisten. Mit dem „Jacques Thibaud Trio Berlin“, dessen Gründungsmitglied er war, konzertierte er 15 Jahre lang in Deutschland, Europa, den USA sowie in Japan und veröffentlichte mehrere CDs. Philip Douvier leitet seit 2009 das generationenübergreifende „Dahlemer Kammerorchester“. Mit seiner Familie veranstaltet er seit 2009 mehrmals im Jahr Ferienmusikcamps für Kinder und Jugendliche. Seit 2017 ist er ausgebildeter Musiktherapeut, seit 2016 ist er neben seiner Unterrichtstätigkeit auch als Heilpraktiker für Psychotherapie tätig.

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